Vollstreckung von Verwaltungsakten

Vollstreckungs von Verwaltungsakten: Vorrang der Spezialgesetze, Vollstreckung von Geldforderungen §§ 1ff VwVG, Vollstreckung von Handlungs-, Duldungs- und Unterlassungspflichten §§ 6ff VwVG, Zwangsmittelandrohung, einzelne Zwangsmittel, aktuelle Probleme

Rechtsgrundlagen:

  • primär Spezialgesetze, z.B. § 49f AuslG Abschiebung
  • Bundesrecht: VwVG
  • Landesrecht, in Berlin: Nach § 8 II 1VwVfG Bln gilt das VwVG mit den Modifikationen der nachfolgenden Sätze, insbesondere des § 8 II 2 (Zwangsgeld max. 50.000,– €).

Vollstreckung von Verwaltungsakten mit Geldforderungen, §§ 1ff VwVG

  • Zuständige Vollstreckungsbehörde, § 4 VwVG
  • richtiger Vollstreckungsschuldner, § 2 VwVG
  • Leistungsbescheid, § 3 II a, keine vorläuf. VV erforderlich, § 3 I VwVG (aber: Einstellung der Vollstreckung bei aufschiebender Wirkung eines Rechtsmittels, § 5 I VwVG i. V. m § 251 AO, das selbe folgt aus § 80 I VwGO)
  • Fälligkeit der Geldforderung, § 3 II b VwVG
  • Verstreichen der Wochenfrist, § 3 II c VwVG
  • soll: Mahnung, § 3 III VwVG
  • ungeschrieben: Nichtvorliegen Voraussetzungen einer Einstellung der Vollstreckung (insb. Erfüllung, Stundung, Eintritt der aufschiebenden Wirkung).

Vollstreckungen von Verwaktungsakten mit Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht, §§ 6ff VwVG:

Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörde, § 7 VwVG

-vollstreckbarer VA, § 6 I VwVG; Ausnahme: unmittelbares Ausführen nach § 6 II VwVG; VA nicht nichtig; RW egal (kein sogenannter Rechtswidrigkeitszusammenhang), Ausnahme bei erledigten VAs, es sei denn, man hält diese insoweit noch nicht für erledigt. Beispiel: Ersatzvornahme ist vollzogen.

-richtiger Adressat (Pflichtiger) (problematisch bei Rechtsnachfolgern (k)eine höchstpersönliche Pflicht?

-Nichterfüllung der Pflicht

-Pflichterfüllung nicht tatsächlich oder rechtlich unmöglich (klassisches Beispiel: Abrissverfügung gegen einem von mehreren Eigentümern)

Bsp. Keine Vollstreckung bei Unbestimmtheit des Verwaltungsakts, auch dann, wenn der Bestimmtheitsmangel „nur“ zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts infolge Nichtigkeit führt. So für Auflage, „die Außenwände in einem landschaftlich unauffälligen Farbton zu gestalten“, VGH Mannheim, Urt. v. 10. 1. 2013 – 8 S 2919/11 – NVwZ-RR 2013, 451

Nichtvorliegen von Einstellungsvoraussetzungen (VA-Aufhebung, Zweckerreichung etc.)

Zugestellte (!) Androhung des Zwangsmittels, § 13 VwVG

Zwangsmittel vorgesehen, nach pflichtgemäßem Ermessen ausgewählt, § 9 II VwVG

Dies muss aber gegen die Androhung („Stufe der Androhung“) vorgebracht werden. Wird die Androhung bestandskräftig, kann dies nicht mehr auf der Stufe der Zwangsmittelfestsetzung eingewandt werden, OVG Niedersachsen, B. v. 2.2.2015 -4 LA 245/13 NdsVBl 2015, 169 mit Bespr. JUS 2015, 862

Voraussetzungen des einzelnen Zwangsmittels liegen vor.

Ersatzvornahme

bei vertretbaren Handlungen

nach § 10 VwVG Fremdvornahme durch Dritte, Selbstvornahme wohl unmittelbarer Zwang nach § 12 VwVG

Zwangsmittelandrohung bei Unterlassungspflichten

Frist „sofort“ oK (weil Nichtstun sofort geht?

OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 11.9.2014 -OVG 10 S 8/13- NVwZ 2015,90: im Prinzip ja, weil zumutbar, es sei denn, zur Erfüllung seien Vorbereitungshandlungen nötig (Im konkreten Fall kann ein Wettbürobetrieb nicht sofort eingestellt werden, weil jedenfalls die laufenden Wetten noch abzuwickeln sind)

Probleme mit weiteren Schritten im Verlauf des Vollstreckungsverfahrens:

OVG Münster, B. v. 19.1.2009 -5 E 1213/08- NVwZ-RR 2009, 516: Zur Unverhältnismäßigkeit einer Ersatzzwangshaftverhängung,

wenn das Zwangsgeld als eigentliches Beugemittel für lange Zeit nicht beigetrieben werden konnte: Keine Freiheitsentziehung, wenn Aufenthaltsverbot abgelaufen ist, danach kann die Ersatzhaft nur einer Entwertung der Androhung eines Zwangsgeldes als Beugemittel entgegenwirken

OVG Münster, Urt. v. 9.2.2012 -5 A 2152/10 (Besprechung JuS 2012, 1151): Ein angedrohtes Zwangsgeld bei Verstoß gegen Unterlassungspflichten

(konkret: Wohnungsverweisung) darf auch noch festgesetzt werden, wenn ein weiterer Verstoß nicht mehr möglich ist (hier wegen Ablauf des Rückkehrverbots). Begründung: Verwaltungseffektivität, deshalb nicht unverhältnismäßig.

OVG Magdeburg, Urt. v. 23.10.2019 -2 L 51/17- LKV 2020, 85: Das nach einem Verstoß festgesetzte Zwangsgeld erledigt sich nicht, wenn danach kein weiterer zu besorgen ist. Der Beugedruck soll von Anfang an auch durch das Bewusstseinbestehen, dass jede Verbotsübertretung zur Festsetzung und Beitreibung führt. § 56 II 2 SachsAnhSOG (Beitreibensverbot („Die Beitreibung unterbleibt, sobald die betroffene Person die gebotene Handlung ausführt oder die zu duldende Maßnahme gestattet.“) steht nicht entgegen.

a. A. jedenfalls für Thüringer Landesrecht OVG Weimar, B. 5. 6. 2012 – 1 EO 284/12 LKV 2012, 523:

Sobald der Zweck der Zwangsvollstreckung erfüllt sei, müsse die weitere Vornahme von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen eingestellt werden. Dies gelte insbesondere für die Beitreibung eines Zwangsgeldes, wenn eine Unterlassungspflicht nach Zwangsgeldfestsetzung erfüllt werde. Die einschlägige Norm sei zwingend: nach § 47 IV 1 ThürVwZVG in der aktuellen Fassung sei die Vollstreckung generell, d. h. ohne Ermessensentscheidung bei besonderer Härte, einzustellen, wenn der Vollstreckungsschuldner seiner Verpflichtung erst nach Zwangsgeldfestsetzung nachkomme. Nach NRW-Recht sei es möglicherweise anders, weil dort in § 60 III 2, 2. Hs. NRWVwVG unabhängig von einer späteren Erfüllung der Pflicht ausdrücklich angeordnet sei, dass das Zwangsgeld beizutreiben sei, wenn der Duldungs- oder Unterlassungspflicht zuwidergehandelt worden sei, deren Erfüllung durch die Androhung des Zwangsgeldes erreicht habe werden sollen.

Nach Bundes-VwVG sei der Vollzug einzustellen, sobald sein Zweck erreicht sei;

ebenso OVG Weimar, Beschl. v. 7. 5. 2015 -LKV 2016, 93-.

Problem bei § 13 VI 2 (Bundes-)VwVG (weitere Androhung nur, wenn das zunächst angedrohte Zwangsmittel erfolglos ist) mit der TBV „erfolglos?“. Dies setzt nach hM nur voraus, dass die erste Androhung fruchtlos geblieben ist. Einer Festsetzung oder gar eines Vollstreckungsversuchs selbst bedarf es nicht. Denn bereits die Zwangsgeldandrohung soll den Vollstreckungsschuldner bewegen, nicht erst dessen Festsetzung, geschweige denn die Beitreibung (vgl. OVG Schleswig, B. v. 6.12.1999 -2 M 52/99- NVwZ 2000, 821, a A. gut vertretbar). Festsetzung eines zuvor angedrohten Zwangsgeldes darf also mit der Androhung eines weiteren (höheren) Zwangsgeldes verbunden werden. Landesvorschriften oft noch Behörden freundlicher.

Zur Frage, ob Rechtschutz (nur) durch Rechtsmittel gegen den Grund-VA beschritten werden kann oder ob sich dieser mit dem Vollzug erledigt:

siehe bei „Erledigung“

Aufsatz: Einführung ganz allgemein: Muckel JA 2012, 272