Ermessensergänzung

Ermessensergänzung, § 114 S. 2 VwGO:

Sinn der Vorschrift

Voraussetzungen

Ersatz durch neuen VA

Ratio: Es soll ein Nachschieben von Gründen jedenfalls prozessual auch bei Ermessensentscheidungen auch noch im Prozess ermöglichen .

Also ohne den Weg der Konstruktion eines neuen VAs. Prozessual handelt es sich weder um eine Klageänderung, noch ist erneut ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Das Ergänzen muss jedoch materiellrechtlich erlaubt sein( BVerwGE 106, 351, 363). Eine Begründung nachzuholen ist nach § 45 I Nr. 2, II VwVfG noch im Prozess möglich.

Problem: Verletzung Neutralitätspflicht ? Heilungsmöglichkeiten verfassungsrechtlich bedenklich?

Nein. Von Verfassung wegen gibt es ein Recht auf die rechtmäßige Entscheidung aber kein Recht, das Widerspruchsverfahren und/oder den Prozess zu gewinnen. ←Erledigungserklärung geboten.

Voraussetzung:

Ergänzung (wörtlich zu nehmen): keine völlige Nachholung bei Ermessensausfall, Ermessensnichtgebrauch; grundsätzliche Ermessensdefizite unheilbar.

Vgl. hierzu BVerwG, U. v. 5.9.2006 -1 C 20/05– (NVwZ 2007, 470 mit Besprechung JuS 2007, 1049). Ermessensausweisung wegen mittelschwerer Straftaten. Behörde erfährt erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens, dass der Kläger zur Zeit des Widerspruchbescheides bereits ein zweites nichteheliches Kind hatte; hier ist u.U. insoweit Ermessensergänzung möglich. Soweit Kind(er) bislang völlig unberücksichtigt geblieben sind: keine Ermessensergänzung möglich, weil dieser Aspekt so wichtig ist (erheblicher Grund), dass es sich nicht um eine Ergänzung handelt.

Allgemeiner Obersatz:

BVerwG, U. v. 20. Juni 2013 –8 C 46/12–, BVerwGE 147, 81-100:

Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (ständige Rechtspr…).

Passt § 114 S. 2 VwGO nicht, etwa weil überhaupt kein Ermessen ausgeübt worden war, kann das Nachschieben aber einen neuen VA darstellen, der im Wege der Klageänderung Klagegegenstand sein kann.

Bsp. BVerwG, Urt. v. 3.8.2004 -1 C 30.02-InfAuslR 2005, 18 wegen Änderung der Rechtsprechung ist übergangsweise den Behörden bei laufenden Klageverfahren gegen Ist- oder Regelausweisungen zu ermöglichen, erstmals Ermessenserwägungen anzustellen, wenn es aufgrund EU-Recht für Unionsbürger und Gleichgestellte keine Ist- bzw. Sollausweisung sondern nur Ermessensausweisung gibt.

Zum Merkschema Ermessen siehe dort.