Prognoseentscheidungen

Prognoseentscheidungen, Merkschema

 

Dass die Behörde eine Prognose treffen muss, ist Standard bei der Gefahrenabwehr. Die bekanntesten Normen mit zu treffenden Prognoseentscheidunngen sind deshalb die polizeilichen Generalklauseln mit der darin enthaltenen Tatbestandsvoraussetzung einer Gefahr.

Das nachfolgende Merkschema gilt für normale Prognosen in diesem Sinne, nicht für die Gesetze, die der Behörde einen echten Beurteilungsspielraum einräumen (siehe dazu unten und extra bei Beurteilungsspielraum).

Die „normale Prognose“ ist bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe zu treffen, deshalb ergeben sich die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle nur aus der Natur der Sache.

←Prognosen, die sich später nicht bewahrheiten, müssen aus der maßgeblichen ex ante Sicht nicht unrichtig sein.

Insoweit ist nach BVerfGE 88, 40, 60 die gerichtliche Überprüfung dem Wesen nach beschränkt auf

1) die Zugrundelegung des richtigen Sachverhalts und

2) die Verwendung einer geeigneten Prognosemethode. Beides erfordert eine nachvollziehbare Begründung.

Dies gilt im Großen (Verkehrsgutachten über konkrete Verkehrsentwicklung zur Einschätzung künftiger Emissionen) wie im Kleinen (Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes bei „Gefahr“)

Ausnahmen von diesem Regelfall eines normalen unbestimmten Rechtsbegriffes mit lediglich zukunftsbezogener Komponente:

1. wenn die Prognose per förmlichem Gesetz vorgenommen wird (Standardbeispiel Bedarfspläne für Straßenverkehrsvorhaben. Hier bestimmt der Gesetzgeber selbst, dass Bedarf besteht;). Dann müsste das Gesetz verfassungswidrig sein, um unbeachtlich zu sein).

2. echte Beurteilungsspielräume (nach der RS)

*§ 13 V PersbefG (Sartorius 950; BVerwGE 79, 208, 213 ff)

(§ 13 IV 1 PBefG ist die Genehmigung zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird)

*Sicherheitsüberprüfungen nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (weil es nicht nur um eine vollüberprüfbare Prognose im Bereich der Gefahrenabwehr gehe: BVerwG, B. v. 17.09.2015 -2 A 9/14-NVwZ 2016, 3279.)

*Prognoseentscheidungen mit politischem Einschlag (Fallgruppe von Beurteilungsspielraum)

*Restrisikenbewertung bzw. Gefahrenvorsorge (jenseits einer Gefahr im polizeirechtlichen Sinne), auch Beurteilungsspielraum

←wenn die letztendlich entscheidende Risikobewertung o. ä. vom Gesetzgeber abstrakt getroffen ist (mit politischem Einschlag).

z. B. bei Atomkraftwerken

(vgl. § 7 II Nr. 3 AtomG; „Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn (…) 3. die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist, (…);

dazu BVerwGE 72, 300 ff)

z. B. Restrisiken für Mobilfunkanlagen ).